Schemurien I - Das Tharynor-Treffen

6/2/4 bis zum 8/2/4/1208 n.d.K. (1998, Burg Stahleck)

Die Vorgeschichte

Zu Beginn des Jahres hatte die Herrscherin des Königreiches Schemurien ihren Botschafter beauftragt, mit Unterstützung der Magiergilde ein Treffen zum kulturellen Austausch durchzuführen, um eine Gelegenheit zu bieten, Vertreter fremder Länder kennenzulernen und das eigene Land mehr den Mittellanden zu öffnen.

Als Ort des Geschehens wurde die Burg Tharynor festgelegt - einerseits, weil sie landschaftlich schön gelegen war und genug Platz bot, andererseits, weil sich die Burgherrin Liria Eshineth bereits früher um das Land verdient gemacht hatte und erfreut zusagte, als sie von der Veranstaltung erfuhr.
Daraufhin begannen die inhaltlichen Planungen. Botschafter Delanion entwarf schließlich eine Liste mit Vorträgen, einer T´Shem-Runde, einem abendlichen Ball mit Tanz und gegenseitiger Vorstellung, Barden und Gauklern. Außerdem sollte es eine Kunstausstellung geben, in welcher besondere schemurische Kunstwerke gezeigt werden sollten, und vor allem eine Erweiterung der Burgbibliothek um jene Bücher, die den Gästen einen tieferen Einblick in die Kultur und Geschichte geben sollten.
Aus Museen des ganzen Landes wurden daher repräsentative Ausstellungsstücke nach Tharynor gebracht, und entsprechend verhielt es sich bei der Literatur.

Nach all diesen Vorbereitungen konnte endlich die Einladung geschrieben und versandt werden. Aufgrund der Zusagen war absehbar, daß das Interesse größer war als erwartet: rund 120 Gäste wollten nach Tharynor. Platzprobleme zeichneten sich ab. Freundlicherweise erklärte sich die Burgherrin bereit, vorübergehend mit ihrem Gefolge in das Untergeschoß des Turmes zu ziehen, damit die Gäste gemeinsam im Haupthaus untergebracht werden konnten.

Feentag, 6. Novis 1208 (6/2/4/1208 n.d.K.)
Die Veranstaltung begann mit der Begrüßung der Gäste durch den Botschafter. Danach wurde die Bibliothek eröffnet; die Kunstausstellung wurde aufgrund kleinerer letzter Vorbereitungen erst ein wenig später zugänglich gemacht.

In der Zwischenzeit hatten zwei Magier, nämlich Kolarius und Nevos, damit begonnen, ein mutmaßlich magisches Schwert zu untersuchen. Was sie nicht ahnten, war, daß zwei andere Magier ihr Ritual störten und das Schwert obendrein von einem Dämon hergestellt worden war. Letzterer fühlte sich auch gleich bemüßigt, zu erscheinen und einen Lehrling zu entführen. Nach etwa einer halben Stunde erschien der Lehrling zwar wieder, fühlte aber den Drang, in den Turm zu steigen und eine grüne Kugel zu beschaffen.
Besagter Turm stand im Burghof, alles überragend, und sein Eingang wurde bewacht. Er war nur für die Burgherrin und ihr Personal zugänglich.
Rechtzeitig zum Abendessen gelang es den beiden Magiern, ihren Schutzkreis wieder zu verlassen.
Nach dem Essen drängten noch mehr Leute in die Bibliothek. Viele zeigten sich von der Anzahl der bereitgestellten Werke beeindruckt. Damit die Gäste ohne Probleme Abschriften anfertigen konnten, lagen in einer kleinen Holztruhe viele Schriftstifte und ein Karton mit Papier bereit - selbstverständlich kostenlos. Auch die Kunstausstellung mit ihren ca. 150 Exponaten (Skulpturen, Ölgemälde, Skizzen, Fundstücke von Ausgrabungen, Vasen und Parfumflaschen in Keramik, Ton und Glas u.v.m.) wurde bewundert.

Gegen zehn Uhr abends luden die Gastgeber zu einem T´Shem im Rittersaal ein, einer einheimischen Gesangsrunde, deren Tradition lange zurückreichte. Ungefähr 30 Gäste folgten der Einladung, doch so mancher zeigte sich dabei zaghaft oder überraschend heiser, wenn nicht gar verständnislos, so daß nach einer Dreiviertel Stunde nur noch wenige verblieben. Zu loben ist aber auf jeden Fall Moonray, welche ohne Instrument oder Textblatt die Nationalhymne vortrug.

Einige späte Gäste sorgten noch für Irritationen der Wachen, doch schließlich war jeder in der Burg und hatte seinen warmen Schlafplatz.

In der Nacht jedoch schlichen zwei dunkle Gestalten auf den Turm und brachen eine Tür im höchsten Geschoß mit Hammer und Meißel auf. Hier fanden sie jene Kugel, die der Lehrling unbedingt haben wollte, und nahmen gleich noch so manches andere mit.
Die Wache am Eingang glaubte fest daran, daß die Eindringlinge eine Genehmigung des Botschafters gehabt hatten, doch nach kurzer Zeit stellte sich heraus, daß sie mit Magie getäuscht worden war. Magie war auch die Ursache dafür, daß sich der arme Kerl nicht mehr genau erinnern konnte, wie die beiden nun ausgesehen hatten. So verlief eine erste Suche ergebnislos.

Etliche Stunden später betraten abermals zwei unberechtigte Leute das Turmzimmer und stellten allerlei Untersuchungen an, die aber wenig erfolgreich waren.
Und dann war die Nacht auch schon um.

Sandtag, 7. Novis 1208 (7/2/4/1208 n.d.K.)
Der Sandtagmorgen begann für ein Mitglied der Magiergilde mit einer Inspektion der magischen Sicherungseinrichtung, die nach dem ersten Einbruch verbessert worden war. Noch am Vortag hätte er sich nicht träumen lassen, daß jemand vorwitzig genug war, den Turm zu betreten, aber nicht nur dies war geschehen, sondern auch noch Sachbeschädigung, Einbruch und Diebstahl.
Das magische Auge bewies deutlich, daß die beiden Eindringlinge zwischen drei und fünf Uhr morgens die Lehrlinge der Magier Nevos und Timoreus von Delphi gewesen waren. Die Täter wurden sogleich verhaftet. Eine magische Untersuchung ihres Zustands ergab, daß sie von ihren Meistern mit enorm starken Freundschaftszaubern entgegen ihrem Willen zu der Tat gebracht worden waren. Nun lag der Verdacht nahe, daß es sich bei den Lehrmeistern um die Einbrecher des Vortages handeln konnte. Auf jeden Fall lag hier ein ungerechtfertigte Bezauberung vor, und somit war eine Verhaftung erforderlich.
Die Magiergilde und die Wachen brauchten einige Zeit, ihr weiteres Vorgehen zu planen, denn es hatte sich nicht nur beim Maß der Bezauberung gezeigt, wie mächtig die beiden Verdächtigen waren.
Als die Vorbereitungen so weit gediehen waren, daß eine Verhaftung der Verdächtigen halbwegs sicher durchgeführt werden konnte, stellte sich heraus, daß die beiden im letzten Moment abgereist waren.

Statt dessen erschienen zwei "Quelfen", die allerlei Unsinn anstellten und schließlich im Auftrag eines der Gäste einen Vierteldrow, der einigen lästig geworden war,  ermordeten. Die Leiche legten sie unpassenderweise vor der Tür des großen Saales ab, wodurch die abendlichen Feierlichkeiten  sofort gesprengt waren und alle nach Rüstung und Waffen griffen, falls sie diese überhaupt abgelegt hatten.
An alles, was jetzt noch geplant war - weitere Tänze und vor allem die große Runde, in der die Länder vorgestellt werden sollten - war jetzt nicht mehr zu denken.

Bereits gegen Mittag hatte sich hingegen herausgestellt, daß eine Gefahr von einer in der Nähe befindlichen Turmruine ausging; dort sollten sich Räuber und ähnliches versteckt halten. Eine größere Gruppe der Anwesenden ging der Sache nach, wobei allerdings einige besonders schwer Gerüstete auf halber Strecke umkehrten, weil ihre Rüstung eben besonders schwer war.

Am Nachmittag bzw. am frühen Abend gab es im Rittersaal Vorträge zu allerlei Themen, unter anderem über den Vana-Glauben und die relativ unbekannte Fadenmagie, die von Lloyd vorgestellt wurde. Hier zeigte sich die gute Vorbereitung so mancher Gäste, während andere es vorzogen, sich auf diese Weise informieren zu lassen. Der Programmpunkt wurde auf jeden Fall gut aufgenommen.
Im Anschluß überreichte Prinzessin Caraboo aus einem fernen südlichen Land ihre Gastgeschenke und stellte damit alle anderen Gäste in den Schatten - sie war zum einen der einzige Besucher, der überhaupt Geschenke mitgebracht hatte, zum anderen waren die Gaben so wertvoll, daß man damit ohne weiteres die ganze Burg hätte kaufen können, wahrscheinlich einschließlich der umliegenden Ländereien.

Der Abend sollte von einer großen Runde mit Musik, Tanz, Geschichtenerzählern und eventuell einem Theaterstück gekrönt werden. Selbst eine schemurische Tanzlehrerin war da und zeigte den Gästen die neuesten Schritte.
Dies entwickelte sich für ca. zwei Stunden recht gut, bis die schon erwähnte Leiche vor der Tür gefunden wurde, worauf alles hinausströmte und sich lieber auf die vermeintlich sichereren Zimmer zurückzog.

Spät abends machten sich Magier im Turm der Burg zu schaffen, entwendeten einige Bücher und sprangen angeblich aus dem Fenster - aber da kommt es darauf an, wen man fragt. Zu späterer Stunde gab es Angriffe von Untoten. Zum Teil wurden die Kreaturen bekämpft, zum Teil nicht (siehe dazu weiter unten bei "Erstaunliches").

Lichttag, 8. Novis 1208 (8/2/4/1208 n.d.K.)
Nach den Unruhen der Nacht wollten einige Gäste rasch abreisen. Die Ulric-Templer und zahlreiche andere Gäste befreiten eine Gefährtin, die nachts von Untoten entführt worden war, auf einem der Burg vorgelagerten Platz. Die Templer nahmen die dafür verantwortliche Magierin nicht nur fest, sondern mit. Seither fehlt von ihr jede Spur.
Nach der Versorgung der Wunden reisten die Gäste heim, während die Veranstalter feststellten, daß sich das Treffen durchaus anders als erwartet entwickelt hatte.

 


Anmerkungen

Vorbereitungen
Wofür Delanion ein Jahr gebraucht hat, nämlich die Vorbereitungen der Veranstaltung, wurden in Wirklichkeit drei aufgewendet. 150 Exponate, Dutzende von Büchern und über hundert Schriftrollen müssen ja irgendwoher kommen. Die Beschaffung, Einordnung und Beschriftung der Ausstellungsstücke ist ein langer (und nicht gerade billiger) Prozeß gewesen. Und was die Bücher angeht: die meisten (sagen wir mal, 90 %) habe ich selbst geschrieben. Die Informationen aus und über Etraklin hingegen stammten aus der Etraklin-AG des RDA e.V. (basieren allerdings zum Teil auch auf meinen früheren Hintergrundinfos).

Schwächen
Einige NSC hatten sehr kurzfristig abgesagt; einer erschien einfach nicht. Als Folge fehlte die Besetzung zweier wichtiger Rollen: die des Hauptmanns der Wache und die des Bibliothekars; beides Personen, die eine Menge zu Stimmung und Inhalt hätten beitragen können. Dieser Mangel zog sich durch den ganzen Con, da trotz improvisierter Nachbesetzung der Rollen nun die Wache weniger organisiert und die Bibliothek von einer weniger erfahrenen Vertretung geleitet war.

Erstaunliches
Als wäre das noch nicht genug gewesen, gab es Charaktere, die - aus welchen Gründen auch immer - anderen das Leben schwermachten, indem sie sie verzauberten, umbrachten  oder "unaufspürbare" Diebereien in fremden Zimmern begingen. Das führte zu Verwirrung und Verzögerungen, da diese Unannehmlichkeiten erst geklärt werden mußten, bevor sich die Betroffenen (bis auf die Verstorbenen) wieder dem Plot zuwenden konnten, denn all dies beruhte auf Spieleraktionen, wurde jedoch zum Teil auch der Spielleitung angelastet. Ein NSC, der normalerweise für Krieger eingesetzt wurde, mußte sich aufgrund des Personalengpasses mit der Abnahme von Ritualen beschäftigen und ließ sich zu sehr von einigen Magiern bequatschen, so daß manchen unakzeptablen Aktionen nicht deutlich genug Einhalt geboten wurde.
Man hätte das alles als vereinzelte Ärgernisse betrachten können, wenn nicht eine ganz andere Spielergruppe am Samstag abend auf die Idee gekommen wäre, "für Action zu sorgen", indem sie mitgebrachte Untotenmasken auspackten und die Burg angriffen, natürlich wohlweislich ohne die Spielleitung zu informieren, die das verhindert hätte. Es gab also gegen 22.30 Uhr einen unmotivierten Untotenangriff, von dem die SL nichts wußte. Der Angriff wurde von den übrigen Charakteren innerhalb einer guten Stunde zurückgeschlagen.
Was die Angelegenheit tragisch macht: der geplante und vom Plot her motivierte Untotenangriff war für Mitternacht angesetzt. Zu der Zeit, als die Spieler-Untoten aktiv waren, waren 10 NSC bereits dabei, sich mit Schminke und Maske für die "echten" Untoten vorzubereiten. Daher bekamen sie auch nichts von den Vorgängen draußen mit.
Als die böse Magierin dann um Mitternacht mit ihren Schergen im Burghof stand, ließ sich kein Spieler mehr sehen. Die kampfkräftigen Charaktere wurden gerade versorgt, die anderen trauten sich nicht heraus und alle wunderten sich, warum jetzt schon wieder Untote da seien.
Die Untoten wunderten sich hingegen, warum sich niemand ihnen stellen wollte. Nach einer geschlagenen Viertelstunde der Provokation zogen sie sich zurück und nahmen dabei noch eine Ulric-Templerin mit, die ihnen über den Weg lief.  (Diese wurde von ihren Glaubensgenossen am nächsten Morgen befreit.)
Der Mord am Vierteldrow durch die Quelfen war eine Spieleraktion, welche nicht nur dem Betroffenen schadete, sondern mittelbar auch den Charakter des Cons in den Augen der Gäste von einer freundlichen Kulturveranstaltung zu einer lebensgefährlichen Hofintrige verwandelte.
Fazit: ich habe noch keinen Con erlebt, der von Spielern dermaßen ruiniert wurde.
Die Spieler in den Untotenmasken waren sich der Tragweite ihrer Aktion überhaupt nicht bewußt. "Wir wollten nur etwas Leben rein bringen," lautete eine der Aussagen - aber die Details kamen erst nach dem Con heraus.
Klar, daß jene hirnlosen und destruktiven Spieler nie wieder eingeladen wurden.
Einen Ausgleich schufen dafür jene Spieler, die sich von den Merkwürdigkeiten nicht beirren ließen, einigen verwickelten Plots nachgingen und insgesamt bestes Rollenspiel zeigten. Von ihnen kam auch positives Feedback.

Bewertung
Ein Con, der trotz viel Planung und Vorbereitung hinter den Erwartungen zurückblieb. Aufgrund des NSC-Ausfalls mußte die SL mehr als vorgesehen umplanen, improvisieren und Rollen mit weniger geeigneten Personen besetzen, was dem Spiel nicht zugute kam. Unvorhersehbare Spieleraktionen, die erst bekannt wurden, als es für Korrekturen viel zu spät war, taten ihr übriges dazu.
Einige der geplanten Plots mußten zurückgestellt werden, da es wichtiger war, die durch Spieleraktionen unverhältnismäßig geschädigten Charaktere zu retten und größeres Chaos zu verhindern. Manche subtile Plots wurden gar nicht erkannt, da sich die Aufmerksamkeit der Spieler nun verschoben hatte.
Die aus dem Turm entwendeten Bücher sind übrigens endgültig weg - weder wurde die SL informiert noch wurden sie nach dem Con zurückgegeben.

Dank
an alle Spielleiter und NSC, die sich an der Vorbereitung und Umsetzung beteiligten, vor allem Jela und Sabine, die eine unschätzbare Hilfe waren.
Und Dank an die Spieler, die vorübergehend in anderen Rollen aushalfen, vor allem Michael S.

 

 
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