Die Vorgeschichte
Zu
Beginn des Jahres hatte die Herrscherin des Königreiches Schemurien ihren
Botschafter beauftragt, mit Unterstützung der Magiergilde ein Treffen zum
kulturellen Austausch durchzuführen, um eine Gelegenheit zu bieten,
Vertreter fremder Länder kennenzulernen und das eigene Land mehr den
Mittellanden zu öffnen.
Als Ort des Geschehens
wurde die Burg Tharynor festgelegt - einerseits, weil sie landschaftlich
schön gelegen war und genug Platz bot, andererseits, weil sich die
Burgherrin Liria Eshineth bereits früher um das Land verdient gemacht hatte
und erfreut zusagte, als sie von der Veranstaltung erfuhr.
Daraufhin begannen die inhaltlichen Planungen. Botschafter Delanion entwarf
schließlich eine Liste mit Vorträgen, einer T´Shem-Runde, einem abendlichen
Ball mit Tanz und gegenseitiger Vorstellung, Barden und Gauklern. Außerdem
sollte es eine Kunstausstellung geben, in welcher besondere schemurische
Kunstwerke gezeigt werden sollten, und vor allem eine Erweiterung der
Burgbibliothek um jene Bücher, die den Gästen einen tieferen Einblick in die
Kultur und Geschichte geben sollten.
Aus Museen des ganzen Landes wurden daher repräsentative Ausstellungsstücke
nach Tharynor gebracht, und entsprechend verhielt es sich bei der Literatur.
Nach all diesen Vorbereitungen konnte endlich die Einladung geschrieben und
versandt werden. Aufgrund der Zusagen war absehbar, daß das Interesse größer
war als erwartet: rund 120 Gäste wollten nach Tharynor. Platzprobleme
zeichneten sich ab. Freundlicherweise erklärte sich die Burgherrin bereit,
vorübergehend mit ihrem Gefolge in das Untergeschoß des Turmes zu ziehen,
damit die Gäste gemeinsam im Haupthaus untergebracht werden konnten.
Feentag, 6. Novis 1208 (6/2/4/1208 n.d.K.)
Die Veranstaltung begann mit der Begrüßung der Gäste durch den Botschafter.
Danach wurde die Bibliothek eröffnet; die Kunstausstellung wurde aufgrund
kleinerer letzter Vorbereitungen erst ein wenig später zugänglich gemacht.
In der Zwischenzeit hatten zwei Magier, nämlich Kolarius und Nevos, damit
begonnen, ein mutmaßlich magisches Schwert zu untersuchen. Was sie nicht
ahnten, war, daß zwei andere Magier ihr Ritual störten und das Schwert
obendrein von einem Dämon hergestellt worden war. Letzterer fühlte sich auch
gleich bemüßigt, zu erscheinen und einen Lehrling zu entführen. Nach etwa
einer halben Stunde erschien der Lehrling zwar wieder, fühlte aber den
Drang, in den Turm zu steigen und eine grüne Kugel zu beschaffen.
Besagter Turm stand im Burghof, alles überragend, und sein Eingang wurde
bewacht. Er war nur für die Burgherrin und ihr Personal zugänglich.
Rechtzeitig zum Abendessen gelang es den beiden Magiern, ihren Schutzkreis
wieder zu verlassen.
Nach dem Essen drängten noch mehr Leute in die Bibliothek. Viele zeigten
sich von der Anzahl der bereitgestellten Werke beeindruckt. Damit die Gäste
ohne Probleme Abschriften anfertigen konnten, lagen in einer kleinen
Holztruhe viele Schriftstifte und ein Karton mit Papier bereit -
selbstverständlich kostenlos. Auch die Kunstausstellung mit ihren ca. 150
Exponaten (Skulpturen, Ölgemälde, Skizzen, Fundstücke von Ausgrabungen,
Vasen und Parfumflaschen in Keramik, Ton und Glas u.v.m.) wurde bewundert.
Gegen zehn Uhr abends luden die Gastgeber zu einem T´Shem im Rittersaal ein,
einer einheimischen Gesangsrunde, deren Tradition lange zurückreichte.
Ungefähr 30 Gäste folgten der Einladung, doch so mancher zeigte sich dabei
zaghaft oder überraschend heiser, wenn nicht gar verständnislos, so daß nach
einer Dreiviertel Stunde nur noch wenige verblieben. Zu loben ist aber auf
jeden Fall Moonray, welche ohne Instrument oder Textblatt die Nationalhymne
vortrug.
Einige späte Gäste sorgten noch für
Irritationen der Wachen, doch schließlich war jeder in der Burg und hatte
seinen warmen Schlafplatz.
In der Nacht jedoch
schlichen zwei dunkle Gestalten auf den Turm und brachen eine Tür im
höchsten Geschoß mit Hammer und Meißel auf. Hier fanden sie jene Kugel, die
der Lehrling unbedingt haben wollte, und nahmen gleich noch so manches
andere mit.
Die Wache am Eingang glaubte fest daran, daß die Eindringlinge eine
Genehmigung des Botschafters gehabt hatten, doch nach kurzer Zeit stellte
sich heraus, daß sie mit Magie getäuscht worden war. Magie war auch die
Ursache dafür, daß sich der arme Kerl nicht mehr genau erinnern konnte, wie
die beiden nun ausgesehen hatten. So verlief eine erste Suche ergebnislos.
Etliche Stunden später betraten abermals zwei unberechtigte Leute das
Turmzimmer und stellten allerlei Untersuchungen an, die aber wenig
erfolgreich waren.
Und dann war die Nacht auch schon um.
Sandtag,
7. Novis 1208 (7/2/4/1208 n.d.K.)
Der Sandtagmorgen begann für ein Mitglied der Magiergilde mit einer
Inspektion der magischen Sicherungseinrichtung, die nach dem ersten Einbruch
verbessert worden war. Noch am Vortag hätte er sich nicht träumen lassen,
daß jemand vorwitzig genug war, den Turm zu betreten, aber nicht nur dies
war geschehen, sondern auch noch Sachbeschädigung, Einbruch und Diebstahl.
Das magische Auge bewies deutlich, daß die beiden Eindringlinge zwischen
drei und fünf Uhr morgens die Lehrlinge der Magier Nevos und Timoreus von
Delphi gewesen waren. Die Täter wurden sogleich verhaftet. Eine magische
Untersuchung ihres Zustands ergab, daß sie von ihren Meistern mit enorm
starken Freundschaftszaubern entgegen ihrem Willen zu der Tat gebracht
worden waren. Nun lag der Verdacht nahe, daß es sich bei den Lehrmeistern um
die Einbrecher des Vortages handeln konnte. Auf jeden Fall lag hier ein
ungerechtfertigte Bezauberung vor, und somit war eine Verhaftung
erforderlich.
Die Magiergilde und die Wachen brauchten einige Zeit, ihr weiteres Vorgehen
zu planen, denn es hatte sich nicht nur beim Maß der Bezauberung gezeigt,
wie mächtig die beiden Verdächtigen waren.
Als die Vorbereitungen so weit gediehen waren, daß eine Verhaftung der
Verdächtigen halbwegs sicher durchgeführt werden konnte, stellte sich
heraus, daß die beiden im letzten Moment abgereist waren.
Statt dessen erschienen zwei "Quelfen", die allerlei Unsinn
anstellten und schließlich im Auftrag eines der Gäste einen Vierteldrow, der
einigen lästig geworden war, ermordeten. Die Leiche legten sie
unpassenderweise vor der Tür des großen Saales ab, wodurch die abendlichen
Feierlichkeiten sofort gesprengt waren und alle nach Rüstung und
Waffen griffen, falls sie diese überhaupt abgelegt hatten.
An alles, was jetzt noch geplant war - weitere Tänze und vor allem die große
Runde, in der die Länder vorgestellt werden sollten - war jetzt nicht mehr
zu denken.
Bereits gegen Mittag hatte sich hingegen
herausgestellt, daß eine Gefahr von einer in der Nähe befindlichen Turmruine
ausging; dort sollten sich Räuber und ähnliches versteckt halten. Eine
größere Gruppe der Anwesenden ging der Sache nach, wobei allerdings einige
besonders schwer Gerüstete auf halber Strecke umkehrten, weil ihre Rüstung
eben besonders schwer war.
Am Nachmittag bzw. am
frühen Abend gab es im Rittersaal Vorträge zu allerlei Themen, unter anderem
über den Vana-Glauben und die relativ unbekannte Fadenmagie, die von Lloyd
vorgestellt wurde. Hier zeigte sich die gute Vorbereitung so mancher Gäste,
während andere es vorzogen, sich auf diese Weise informieren zu lassen. Der
Programmpunkt wurde auf jeden Fall gut aufgenommen.
Im Anschluß überreichte Prinzessin Caraboo aus einem fernen südlichen Land
ihre Gastgeschenke und stellte damit alle anderen Gäste in den Schatten -
sie war zum einen der einzige Besucher, der überhaupt Geschenke mitgebracht
hatte, zum anderen waren die Gaben so wertvoll, daß man damit ohne weiteres
die ganze Burg hätte kaufen können, wahrscheinlich einschließlich der
umliegenden Ländereien.
Der Abend sollte von
einer großen Runde mit Musik, Tanz, Geschichtenerzählern und eventuell einem
Theaterstück gekrönt werden. Selbst eine schemurische Tanzlehrerin war da
und zeigte den Gästen die neuesten Schritte.
Dies entwickelte sich für ca. zwei Stunden recht gut, bis die schon erwähnte
Leiche vor der Tür gefunden wurde, worauf alles hinausströmte und sich
lieber auf die vermeintlich sichereren Zimmer zurückzog.
Spät abends machten sich Magier im Turm der Burg zu
schaffen, entwendeten einige Bücher und sprangen angeblich aus dem Fenster -
aber da kommt es darauf an, wen man fragt. Zu späterer Stunde gab es
Angriffe von Untoten. Zum Teil wurden die Kreaturen bekämpft, zum Teil nicht
(siehe dazu weiter unten bei "Erstaunliches").
Lichttag, 8. Novis 1208 (8/2/4/1208 n.d.K.)
Nach den Unruhen der Nacht wollten einige Gäste rasch abreisen. Die
Ulric-Templer und zahlreiche andere Gäste befreiten eine Gefährtin, die
nachts von Untoten entführt worden war, auf einem der Burg vorgelagerten
Platz. Die Templer nahmen die dafür verantwortliche Magierin nicht nur fest,
sondern mit. Seither fehlt von ihr jede Spur.
Nach der Versorgung der Wunden reisten die Gäste heim, während die
Veranstalter feststellten, daß sich das Treffen durchaus anders als erwartet
entwickelt hatte.
Anmerkungen
Vorbereitungen
Wofür Delanion ein Jahr gebraucht hat, nämlich die Vorbereitungen der
Veranstaltung, wurden in Wirklichkeit drei aufgewendet. 150 Exponate,
Dutzende von Büchern und über hundert Schriftrollen müssen ja irgendwoher
kommen. Die Beschaffung, Einordnung und Beschriftung der Ausstellungsstücke
ist ein langer (und nicht gerade billiger) Prozeß gewesen. Und was die
Bücher angeht: die meisten (sagen wir mal, 90 %) habe ich selbst
geschrieben. Die Informationen aus und über Etraklin hingegen stammten aus
der Etraklin-AG des RDA e.V. (basieren allerdings zum Teil auch auf meinen
früheren Hintergrundinfos).
Schwächen
Einige NSC hatten sehr kurzfristig abgesagt; einer erschien einfach nicht.
Als Folge fehlte die Besetzung zweier wichtiger Rollen: die des Hauptmanns
der Wache und die des Bibliothekars; beides Personen, die eine Menge zu
Stimmung und Inhalt hätten beitragen können. Dieser Mangel zog sich durch
den ganzen Con, da trotz improvisierter Nachbesetzung der Rollen nun die
Wache weniger organisiert und die Bibliothek von einer weniger erfahrenen
Vertretung geleitet war.
Erstaunliches
Als wäre das noch nicht genug gewesen, gab es Charaktere, die - aus welchen
Gründen auch immer - anderen das Leben schwermachten, indem sie sie
verzauberten, umbrachten oder "unaufspürbare" Diebereien in fremden
Zimmern begingen. Das führte zu Verwirrung und Verzögerungen, da diese
Unannehmlichkeiten erst geklärt werden mußten, bevor sich die Betroffenen
(bis auf die Verstorbenen) wieder dem Plot zuwenden konnten, denn all dies
beruhte auf Spieleraktionen, wurde jedoch zum Teil auch der Spielleitung
angelastet. Ein NSC, der normalerweise für Krieger eingesetzt wurde, mußte
sich aufgrund des Personalengpasses mit der Abnahme von Ritualen
beschäftigen und ließ sich zu sehr von einigen Magiern bequatschen, so daß
manchen unakzeptablen Aktionen nicht deutlich genug Einhalt geboten wurde.
Man hätte das alles als vereinzelte Ärgernisse betrachten können, wenn nicht
eine ganz andere Spielergruppe am Samstag abend auf die Idee gekommen wäre,
"für Action zu sorgen", indem sie mitgebrachte Untotenmasken auspackten und
die Burg angriffen, natürlich wohlweislich ohne die Spielleitung zu
informieren, die das verhindert hätte. Es gab also gegen 22.30 Uhr einen
unmotivierten Untotenangriff, von dem die SL nichts wußte. Der Angriff wurde
von den übrigen Charakteren innerhalb einer guten Stunde zurückgeschlagen.
Was die Angelegenheit tragisch macht: der geplante und vom Plot her
motivierte Untotenangriff war für Mitternacht angesetzt. Zu der Zeit,
als die Spieler-Untoten aktiv waren, waren 10 NSC bereits dabei, sich mit
Schminke und Maske für die "echten" Untoten vorzubereiten. Daher bekamen sie
auch nichts von den Vorgängen draußen mit.
Als die böse Magierin dann um Mitternacht mit ihren Schergen im Burghof
stand, ließ sich kein Spieler mehr sehen. Die kampfkräftigen Charaktere
wurden gerade versorgt, die anderen trauten sich nicht heraus und alle
wunderten sich, warum jetzt schon wieder Untote da seien.
Die Untoten wunderten sich hingegen, warum sich niemand ihnen stellen
wollte. Nach einer geschlagenen Viertelstunde der Provokation zogen sie sich
zurück und nahmen dabei noch eine Ulric-Templerin mit, die ihnen über den
Weg lief. (Diese wurde von ihren Glaubensgenossen am nächsten Morgen
befreit.)
Der Mord am Vierteldrow durch die Quelfen war eine Spieleraktion, welche
nicht nur dem Betroffenen schadete, sondern mittelbar auch den Charakter des
Cons in den Augen der Gäste von einer freundlichen Kulturveranstaltung zu
einer lebensgefährlichen Hofintrige verwandelte.
Fazit: ich habe noch keinen Con erlebt, der von Spielern dermaßen ruiniert
wurde.
Die Spieler in den Untotenmasken waren sich der Tragweite ihrer Aktion
überhaupt nicht bewußt. "Wir wollten nur etwas Leben rein bringen," lautete
eine der Aussagen - aber die Details kamen erst nach dem Con heraus.
Klar, daß jene hirnlosen und destruktiven Spieler nie wieder eingeladen
wurden.
Einen Ausgleich schufen dafür jene Spieler, die sich von den
Merkwürdigkeiten nicht beirren ließen, einigen verwickelten Plots nachgingen
und insgesamt bestes Rollenspiel zeigten. Von ihnen kam auch positives
Feedback.
Bewertung
Ein Con, der trotz viel Planung und Vorbereitung hinter den Erwartungen
zurückblieb. Aufgrund des NSC-Ausfalls mußte die SL mehr als vorgesehen
umplanen, improvisieren und Rollen mit weniger geeigneten Personen besetzen,
was dem Spiel nicht zugute kam. Unvorhersehbare Spieleraktionen, die erst
bekannt wurden, als es für Korrekturen viel zu spät war, taten ihr übriges
dazu.
Einige der geplanten Plots mußten zurückgestellt werden, da es wichtiger
war, die durch Spieleraktionen unverhältnismäßig geschädigten Charaktere zu
retten und größeres Chaos zu verhindern. Manche subtile Plots wurden gar
nicht erkannt, da sich die Aufmerksamkeit der Spieler nun verschoben hatte.
Die aus dem Turm entwendeten Bücher sind übrigens endgültig weg - weder
wurde die SL informiert noch wurden sie nach dem Con zurückgegeben.
Dank
an alle Spielleiter und NSC, die sich an der Vorbereitung und Umsetzung
beteiligten, vor allem Jela und Sabine, die eine unschätzbare Hilfe waren.
Und Dank an die Spieler, die vorübergehend in anderen Rollen aushalfen, vor
allem Michael S.